Das Expeditionstagebuch:
19. Mai bis 25. Mai 2021
800 KM, 45 Tage, 1 Mission: Unsere NORMALROUTENVERLASSER Franzi, Hanna und Ruppert durchqueren Grönland auf ihrer „Mission Eis-Check 1912“ – die Wiederholung der Grönland-Expedition des Polarforschers Alfred de Quervain von 1912, um dessen Messungen der Eisdicke zu wiederholen.
Als Sponsor unterstützen und begleiten wir ihre Expedition und geben Euch ihre Eindrücke in unserem Expeditionstagebuch wieder.

19. Mai 2021: Kite-Manöver
Das Kiten lief heute so ab, dass Ruppert zuerst mit einem Schlitten vorgekitet ist, Franzi dann mit ihrem Schlitten abgeholt hat und Hanna die ersten 10 km selbst gekitet ist. Franzi hat den Kite-Aufbau, die Starthilfe, Filmen, usw. übernommen. Anschließend sind wir alle drei gekitet. Ruppert bleibt mit der Antenne auf der Route und Franzi und Hanna können leicht daneben fahren. Die Kites am Himmel zeigen uns, wo sich die anderen jeweils bewegen. Die Route verlief heute Richtung NNW. Da der Wind aus NNO kam, mussten wir uns so weit rechts wie möglich halten bzw. gegen den Wind kreuzen.
Dann haben wir noch zwei Gänse Richtung Osten fliegen sehen und Ruppert hat Beweisfotos von einer Polarfuchsspur gemacht.
Das Kiten hat uns richtig viel Spaß gemacht nach den letzten zwei Wochen Laufen. Endlich sind wir flotter unterwegs und nicht mehr nur Schritt für Schritt, Kilometer für Kilometer. Die Trockenübungen auf der Wiese haben sich ausgezahlt.
Es liegen jetzt 250 km hinter uns, das ist ungefähr so weit wie von Schwabmünchen nach Bamberg.
20. Mai 2021: Tierische Höhe
Heute war der zweite Kitetag in Folge. Wir haben bald den höchsten Punkt unserer Expedition erreicht. Auch wenn wir heute früh etwas schwer aus den Federn kamen, weil wir Muskelkater von den 100 km kiten gestern hatten (mit dem ganzen Hin- und Zurückkiten). Trotzdem haben wir nach den ersten Metern zu Fuß doch noch den Kite als Unterstützung dazu genommen. Der Wind hat sich dann zu unseren Gunsten gedreht und wurde stärker, so konnten wir mit Ski im untersten Windbereich kiten. Wir mussten viele Achter mit den Segeln fliegen und haben unsere größten Kites verwendet: zwei 12er und einen 8er Kite. Um 18 Uhr wurde es windstill, damit haben wir den Tag beendet.
Am Abend hat uns doch tatsächlich ein kleiner, gelber Vogel besucht und ist immer rund ums Zelt geflogen, hat sich im Zuggeschirr versteckt, hinter dem Schlitten und rundherum. Er ist gelb, weiß, braun und flauschig, ein bisschen größer als ein Fink. Wir haben ihm Nüsse hingelegt, hoffentlich findet er sie. Unsere Schneeskulptur für die Skiabteilung des TSV Schwabmünchen fand er besonders spannend und hat sich immer wieder daraufgesetzt. Die grönländische Eiswüste hat erstaunlich viele Tiere zu bieten.
Wir haben unser Zelt heute das erste Mal anders herum aufgebaut, diesmal nach Osten ausgerichtet, nicht nach NW. Die Sonne ist auf der anderen Seite vom Zelt. Eigentlich schaut es für Außenstehende überall gleich aus, aber für uns ist jeder Schlafplatz einzigartig, wahrscheinlich weil er auch verbunden ist mit dem Gefühl des Tages.
21. Mai 2021: Klimax
Was für ein Tag! Wir haben den höchsten Punkt unserer Expedition erreicht.
Angefangen hat es heute sehr gemütlich mit White Out. Der Vogel war nicht mehr da. Mittags kam die Sonne raus. Es war ein sehr warmer Tag, an dem wir fast 20 km gelaufen sind. Unsere Wetterexperten Frank Polte und Steffen Welsch haben uns empfohlen am Abend noch zu kiten, weil für morgen eine Sturmmeldung angekündigt sei, weswegen wir dann einen Ruhetag einlegen müssen.
Der erwartete Wind hat sich um drei Stunden verspätet und wir konnten erst um 19 Uhr loskiten. Ab dann ging‘s schön romantisch Richtung Sonnenuntergang, bis wir schlussendlich von einer dicken Wolkenwand überrollt wurden. Totales White Out und Sturm. Wir haben es gerade noch geschafft die Kites zusammenzupacken und eine riesige Schneemauer zu bauen. Um 0:30 Uhr waren wir dann im Zelt.
Wir waren heute absolut überwältigt über den höchsten Punkt dieses Rieseneisschilds auf 2.552 m hinüber zu fliegen, der Wind hat uns geradezu darüber hinweggefegt! So schnell konnten wir gar nicht schauen! Es war wirklich ein Spektakel, wie ein dramaturgisches Stück mit Klimax und Gipfel mit dabei. Diesen Moment widmen wir Jürgen Thiele, danke für deine Unterstützung!
22. Mai 2021: Windspiel
Wie angekündigt mussten wir heute einen Tag Pause einlegen.
Heute haben wir erstmal ausgeschlafen, viel gedöst, Kniffel oder Poker am Handy gespielt, Hörbuch gehört oder Nachrichten geschrieben. Ein Ohr ist immer beim Wind. Manchmal wummert es ganz laut am Zelt. Hier und da wagen wir einen vorsichtigen Blick nach draußen und machen Pläne für die nächsten Tage. Eventuell möglich wären zwei Tage kiten, aber wenn der Wind zu stark wird, müssen wir uns beugen und mit der Natur mitgehen.
Rings um uns herum hat sich auf dem Zelt und den Pulkas Schnee angesammelt. Wir sind für starke Stürme, die in der kommenden Woche und auf der Westseite unserer Tour voraussichtlich häufiger werden, gut vorbereitet. Wir können eine Windmauer aus Schneeklötzen bauen oder uns eingraben. Und wir sind gut in der Zeit.
Nebenbei haben wir eine kleine Inventur vom Frühstück gemacht. Wir fühlen uns im Zelt eigentlich ganz sicher.
Copyright Foto: © Heim Expeditionen
23. Mai 2021: Wie im Flug
Nach dem Sturmtag im Zelt mussten wir heute erstmal die Schlitten ausgraben und das Zelt vom Schnee befreien. Dann ging‘s direkt vom Zelt aus mit den Kites los. Alle 20 km machen wir Pause, um Messungen durchzuführen. Vormittags kamen wir mit 12 bis 18 km/h vorwärts, nachmittags mit ca. 20 km/h. Es ist immer flach und geht leicht bergab.
Der Schnee ist vom Sturm geprägt und durchzogen von lauter kleinen Windverwehungen. Wir haben heute 80 km geschafft, das entspricht ca. vier Tagesetappen.
Beim Laufen hat man Zeit zum Nachdenken. Beim Kiten muss man sich sehr konzentrieren: wo fährt man hin? Was macht der Kite? Was macht der Wind? Wie steuert man? Wo ist die Route? Krass, was die Sensorik da leistet!
Um 18 Uhr ließen wir es genug sein, auch um unsere Knie nicht zu überlasten. Nicht, dass noch was passiert.
Morgen starten wir nochmal einen Kiteversuch … und bereiten uns langsam seelisch auf den Sturm vor, der uns für den 24. abends und den 25./26. Mai angekündigt wurde. Dank Frank Polte und Steffen Welsch sind wir immer auf dem Laufenden was das Wetter betrifft und haben genug Zeit, uns vorzubereiten und zu planen.
Ihr dürft uns in der Zeit gerne Nachrichten schreiben, wir haben dann viel Zeit zum Antworten.
24. Mai 2021: Kommune Qeqertalik
Heute sind wir um 5 Uhr aufgestanden, haben die kleinen Kites ausgepackt und sind in den Wind mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h gestartet. Wir bewegen uns mit der Schneedrift über ein Schneefeld voller vom Wind entstandener Sastrugis Richtung Meer. Der Himmel kündigt den herannahenden Sturm an. Blöd ist, dass unsere Füße beim Kiten in den alpinen Schuhen kalt werden. Beim Laufen bleiben sie in den Expeditionsschuhen schön warm.
Am Abend war die Stimmung richtig schön. Die Sonne ging um Mitternacht unter und um 2 Uhr morgens wieder auf. Haben ein 1 Meter tiefes Loch gebuddelt, damit das Zelt tiefer steht und wir vom Wind gut geschützt sind.
Insgesamt sind wir heute 110 km gekitet. Nach dem Abendessen um 2 Uhr nachts sind wir fix und fertig eingeschlafen. Wir haben bis auf die Eisdecke runtergegraben. Unter uns liegen jetzt 2.000 m Eis.
25. Mai 2021: Eishotel
Wir sitzen in unserem ein Meter tiefen Schneeloch im Zelt, haben es uns sehr gemütlich eingerichtet, schöne Stufen zum Zelt und eine riesige bugartige Schneemauer gebaut.
Aktuell bläst der Wind mit 40 km/h über unser Zelt hinweg. Wir erwarten morgen 90 km/h starken Wind mit Böen mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h. Es hat ‑9°C, durch den Sturm wird es hier wärmer.
Tagesablauf: vier Stunden Mauer bauen, Mittagschlaf, Akkus laden, Hörbuch hören und auf den Kocher warten.
Mehr über Heim Expeditionen gibt’s auf der Website von Franzi und Ruppert unter heimexpeditionen.de
Unterstützt wird die Expedition von iceploration e.V.
Wenn nicht anders vermerkt
Copyright Fotos: iceploration, Expedition Spurensuche 2020
Wer wissen will, wie wir aus solchen und ähnlichen Abenteuern in nur drei Schritten spannende B2B-Kampagnen machen: Auf in unser Basecamp.